REACH

REACH-Revision schreitet voran

Ziel der Überarbeitung der EU-Chemikalienverordnung REACH ist es, das Regelwerk zu modernisieren, die Durchsetzung zu stärken und sowohl Behörden als auch Unternehmen zu entlasten. Die geplanten Änderungen betreffen unter anderem die Registrierungspflichten, die Bewertung von Stoffen, das Zulassungsverfahren sowie die Marktüberwachung. Mit einer Verabschiedung der Revision wird Ende 2025 gerechnet. In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Inhalte und offenen Fragen aus der CARACAL-Sitzung zusammen.

7 Min.

27.05.2025
Illustration der EU-Landkarte mit dem symbolischen gelben Sternen im Kreis für die EU und das Wort REACH

Die EU-Chemikalienverordnung REACH steht vor einer umfassenden Revision. Derzeit tagen die Expertengremien und die Europäische Kommission. Das Gremium CARACAL spielt dabei eine zentrale Rolle. Beim 54. Treffen der „Competent Authorities for REACH and CLP“ diskutierten Vertreter der Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission, der ECHA sowie Beobachter aus Industrie und NGOs über zentrale Weichenstellungen. Die Verabschiedung der Revision ist für das 4. Quartal 2025 geplant, gefolgt von einer 8-wöchigen Feedback-Phase.

Registrierung – geplante Änderungen im Überblick

Die Vorschläge zur REACH-Revision bringen weitreichende Neuerungen im Bereich der Registrierung mit sich. Besonders hervorzuheben ist die geplante zeitliche Begrenzung der Registrierungen auf zehn Jahre – ein Paradigmenwechsel, dessen praktische Umsetzung noch viele Fragen aufwirft, etwa zur Verlängerung und möglichen Gebühren. Zudem soll die ECHA verstärkt Befugnisse erhalten, Registrierungsnummern zu entziehen, etwa bei Verstößen gegen Updatepflichten oder nach Ablauf der Gültigkeit. 

Auch die Aktualisierungspflichten werden ausgeweitet: So müssen zukünftig etwa Dossiers aktualisiert werden, wenn ein Stoff als SVHC identifiziert wird. Eine weitere zentrale Neuerung betrifft die Polymerregistrierung: Künftig sollen Polymere ab 1 Tonne pro Jahr zunächst notifiziert und anschließend registriert werden, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen. Insgesamt zielt die Überarbeitung darauf ab, die Qualität und Aussagekraft der Registrierungsdossiers zu verbessern und stärker risikobasierte Elemente wie DMEL-Werte (Derived Minimal Effect Levels, Expositionshöhe mit geringem theoretischem Risiko), und kombinierte Exposition zu berücksichtigen.

Weitere geplante Änderungen im Bereich Registrierung sind:

  • Einführung eines Ad-hoc-Completeness Checks durch die ECHA bei der Dossiereinreichung
  • Verpflichtende Aktualisierung von NONS-Stoffen an aktuelle Datenanforderungen
  • Dossiers mit rein physikalisch-chemischen Daten müssen auf Anhang VII-Standard gebracht werden
  • Neue Anforderungen an Testing Proposals für in-vivo-Tests und komplexe Endpunkte
  • Erweiterung der Stoffsicherheitsbeurteilung auf PMT- (persistent, mobil, toxisch), vPvM- (sehr persistent, sehr toxisch) und endokrine Eigenschaften (ED)
  • Klärung zum Umgang mit „Combined Exposure“ (z. B. Mixture Allocation Factor)
  • Geteilte Nutzung von Studien und Zusammenfassungen nach Ablauf des Datenschutzes
  • Anpassung der Anhänge I, II, VI bis XI; Entfernung der Anhänge III und XIII

Bewertung – mehr Flexibilität und Effizienz

Im Bereich der Bewertung zielt die REACH-Revision auf mehr Klarheit und Flexibilität ab. So sollen Behörden künftig leichter eine Stoffbewertung (Substance Evaluation, SEv) anstoßen können – nicht nur bei Verdacht auf ein Risiko, sondern auch bei erkannten Gefahren. Zudem soll ausdrücklich ermöglicht werden, auch strukturell ähnliche Stoffe, Bestandteile oder Abbauprodukte in die Bewertung einzubeziehen. Auch die ECHA soll als bewertende Behörde direkt eingebunden werden.

Gleichzeitig sollen Prozesse wie der Dossier-Compliance-Check effizienter und transparenter werden. Das bisherige Prozentziel für Dossierprüfungen (Dossier Evaluation, DEv) entfällt. Neu ist außerdem, dass auch nach einem Bewertungsverfahren wie DEv oder SEv der Entzug einer Registrierungsnummer möglich sein soll, wenn etwa keine ausreichenden Daten nachgereicht werden. Die Reform will damit nicht nur die Durchsetzung stärken, sondern auch den Bewertungsprozess an moderne wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen anpassen.

Zulassung und Beschränkung – mehr Praxisnähe

Die geplanten Änderungen im Bereich Zulassung und Beschränkung verfolgen das Ziel, beide Prozesse praxisnäher zu gestalten und gleichzeitig regulatorisch effizienter zu machen.

Ein zentrales Element ist dabei die erweiterte Funktion der Kandidatenliste (Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe, SVHC): Sie soll künftig nicht mehr nur als Zwischenschritt zur Zulassung dienen, sondern auch als Ausgangspunkt für andere Regulierungsmaßnahmen wie Beschränkungen oder sektorale Vorschriften (z. B. Arbeitsplatzgrenzwerte, Richtlinie über Industrieemissionen). Die Auswahlkriterien für Stoffe zur Zulassung sollen neu gefasst werden – etwa unter Berücksichtigung von Mengen, Anzahl der Verwendungen oder dem Potenzial als Alternative für einen bereits zulassungspflichtigen Stoff. 

Zudem ist mehr Flexibilität geplant: Verwendungen sollen künftig leichter in Anhang XIV aufgenommen oder entfernt werden können. Auch im Bereich der Beschränkung wird angesetzt: Prozesse sollen besser priorisiert, Ressourcen der Behörden berücksichtigt und ein generischer Risikomanagementansatz für bestimmte Verbraucherprodukte eingeführt werden. Insgesamt sollen beide Instrumente schneller und zielgerichteter eingesetzt werden können.

Weitere geplante Änderungen im Bereich Zulassung und Beschränkung sind:

  • Wegfall der Artikel 58(5) und (6) zur parallelen Anwendung von Zulassung und Beschränkung
  • Einführung eines DMEL-basierten „Ampelsystems“ zur Risikobewertung und Prozessvereinfachung
  • Übergangsfristen für Verwendungen bei abgelehnten Zulassungsanträgen
  • Möglichkeit zur Aufteilung von Beschränkungsvorschlägen zwischen Behörden
  • Besserer Umgang mit Ressourcenengpässen in Beschränkungsverfahren

Durchsetzung – mehr Kontrolle, stärkere Verantwortung

Ein zentrales Ziel der REACH-Revision ist es, die Durchsetzung der Vorschriften in der gesamten EU zu stärken und für fairere Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Hierfür soll die Market Surveillance Regulation künftig auch auf REACH ausgeweitet werden. Behörden sollen besseren Zugang zu Laborkapazitäten erhalten, um gezielt Kontrollen durchführen zu können.

Besonders im Fokus steht der Zoll: Er soll eine aktivere Rolle übernehmen, unter anderem durch automatisierte Prüfungen von Registrierungs- und Zulassungsnummern sowie die Anforderung von Sicherheitsdatenblättern bei der Einfuhr. Auch OLAF (Office Européen de Lutte Anti-Fraude, Europäische Amt für Betrugsbekämpfung) soll künftig bei Verdacht auf Regelverstöße im Importbereich ermitteln dürfen. Zudem soll ein „Economic Operator“ für Direktverkäufe von Nicht-EU-Herstellern an Verbraucher verpflichtend werden – dieser ist dann für die REACH-Konformität verantwortlich.

Weitere geplante Maßnahmen zur Durchsetzung sind:

  • Stärkere Zusammenarbeit zwischen Zoll und anderen Aufsichtsbehörden
  • Verknüpfung von REACH-relevanten Daten mit dem Digitalen Produktpass
  • Verpflichtung zur Angabe von Registrierungs-/Zulassungsnummern in Zolldokumenten – auch für Alleinvertreter (OR)
  • Einführung eines anonymen Hinweisgebersystems zur Meldung von REACH-Verstößen

Steve Scholze | REACH-Experte

Unsere Empfehlung

Aktiv bleiben und Entwicklungen beobachten

Auch wenn viele der vorgeschlagenen Änderungen zur REACH-Revision noch nicht final sind, ist bereits jetzt erkennbar, dass auf Unternehmen neue Anforderungen zukommen werden. Die konkrete Ausgestaltung einiger Regelungen, etwa zur Gültigkeitsdauer von Registrierungen oder zur Polymerregistrierung, ist derzeit noch offen.

Dennoch empfehlen wir, sich frühzeitig mit den geplanten Neuerungen vertraut zu machen und interne Prozesse entsprechend auf Anpassungsbedarf zu prüfen. Insbesondere Unternehmen, die in komplexen Lieferketten agieren oder Importe aus Nicht-EU-Ländern abwickeln, sollten die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und sich gegebenenfalls mit ihren Alleinvertretern, Distributoren oder Kunden abstimmen.

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